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Proteste setzen sich fort  Märkische Allgemeine 24.12.12

Breddiner beklagen Einschränkung / Blumenthaler schreiben an Minister

BREDDIN/BLUMENTHAL - Zugreisende, die den Bahnhof Breddin nutzen, wollen die seit dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember geltenden, zeitlich befristeten Einschränkungen auf der Regionalexpresslinie 2 nicht hinnehmen. Bürgermeister Reinhard Neumann forderte vor einer Kamera eines Fernsehteams des RBB-Wirtschafts- und Verbrauchermagazins „Was!“ die sofortige Wiederherstellung des Ein-Stunden-Taktes. Neumann äußerte den „leisen Verdacht“, dass der Halt Breddin nicht mehr gewünscht ist.

Für den Fernsehbeitrag versammelten sich am Sonnabendvormittag etwa 40 Menschen auf dem Breddiner Bahnhof. Mehrere von ihnen taten vor laufender Kamera ihren Unmut über die Einschränkungen kund und beschrieben, was diese im Alltag für Bahnreisende bedeuten. Mareen Mader sprach von einer „Katastrophe“. „Die es trifft, trifft es hart.“ Beispielsweise Schulkinder, Auszubildende sowie zahlreiche Berufspendler seien auf den Zug angewiesen.

Um auf der Strecke zwischen Cottbus und Wismar Fahrzeit zu sparen, damit in Mecklenburg-Vorpommern Anschlussverbindungen geschafft und Konflikte mit anderen Zügen vermieden werden, hält die Regionalbahn tagsüber in Breddin vorerst nur noch alle zwei Stunden. Denn die Loks, mit denen die Odeg die Regionalexpresslinie befährt, benötigen etwas länger, um die Doppelstockwagen der Deutschen Bahn zu ziehen. Schneller geht es erst, wenn die von der Odeg bestellten neuen Züge vom Typ „Kiss“ zum Einsatz kommen. Das wird voraussichtlich nicht vor Februar der Fall sein.

Unabhängig vom Dilemma auf der Regionalexpresslinie 2 setzt sich in der Region auch der Protest entlang der Regionalbahnlinien Neustadt–Kyritz–Pritzwalk sowie Pritzwalk-Meyenburg fort. Die Einwohner von Blumenthal wehren sich weiter gegen den neuen, ausgedünnten Fahrplan. Während der Demonstration am 16. Dezember auf dem Blumenthaler Bahnhof mit mehr als 200 Teilnehmern aus der gesamten Region sammelten Bürger bereits Unterschriften für einen Brief an den Brandenburger Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger. Darin bringen die Einwohner ihren Unmut gegen die radikale Streichungen von Zugverbindungen zum Ausdruck.

Viola Schmock aus Blumenthal regte dieses Schreiben mit an und verfasste es in Absprache mit mehreren Ortsvorstehern sowie Mitgliedern der Bürgerinitiative zum Erhalt der RB 73 und 74. Bereits am vergangenen Montag ging dieser Brief mit den ersten 345 Unterschriften in Richtung Potsdam auf die Reise, teilte sie mit. „Wir möchten noch mehr Menschen erreichen und sammeln weiter Unterschriften, denn der Zug wird über den Tag verteilt von vielen Altersgruppen genutzt“, sagte Schmock. Daher liegt der Brief mit weiteren Listen an folgenden Orten zur Unterschrift aus: in der Getränke-Oase, im Friseurgeschäft Heese sowie in der Kita in Blumenthal, der Zahnarztpraxis Parthe in Dahlhausen, der Goethe- und Linden-Apotheke in Pritzwalk, der Augenklinik in Groß Pankow sowie im Kulturhaus in Kyritz. Einige Schüler der Gymnasien Pritzwalk und Kyritz sammeln in Eigeninitiative an ihren Schulen Unterschriften, so Viola Schmock.

Der Beitrag im RBB-Magazin „Was!“, für den in Breddin gedreht wurde, soll am 9. Januar um 22.15 Uhr ausgestrahlt werden. (Von Axel Knopf und Christamaria Ruch)

 

 

 

 

 

Bürger protestieren heftig für den Erhalt der Strecke Neustadt (Dosse) – Pritzwalk

Märkische Allgemeine   05.07.2013       -      Der Bahnhof Blumenthal darf nicht sterben

Die kleine Ortschaft Blumenthal (Ostprignitz-Ruppin) in der Nähe von Heiligengrabe hat den schönsten Bahnhof, den man sich nur vorstellen kann. Das denkmalgeschützte Empfangsgebäude von 1887 mit seinen ockerfarbenen Ziegelsteinen glänzt im Licht der Nachmittagssonne, daneben steht der imposante Wasserturm. Doch die Einwohner sind in Aufruhr: Das Land will einige Fahrten durch ihren Bahnhof einstellen.

Blumenthal. Die kleine Ortschaft Blumenthal (Ostprignitz-Ruppin) in der Nähe von Heiligengrabe hat den schönsten Bahnhof, den man sich nur vorstellen kann. Das denkmalgeschützte Empfangsgebäude von 1887 mit seinen ockerfarbenen Ziegelsteinen glänzt im Licht der Nachmittagssonne, daneben steht der imposante Wasserturm. Wie der Name schon sagt, gibt es auch reichlich Blumen: rote und rosa Rosen, Hauswurz, Margueriten und Sauerampfer.

Und einen richtigen Fahrdienstleiter. „Wird Zug Nummer 79306 angenommen?“, fragt ihn der Kollege aus Bölzke via Telefon. „Zug Nummer 79306, ja“ antwortet er ganz formell – erst jetzt darf der Zug im Nachbarort abfahren. Nach ein paar Minuten schließt der Eisenbahner die Schranken an den beiden Bahnübergängen, dann stellt er das Ausfahrtssignal auf Grün. Und dann warten alle auf den Triebwagen der Potsdamer Eisenbahngesellschaft. Wie auf einem richtigen Bahnhof eben.

Allerdings wird dem Bahnhof Blumenthal demnächst der Saft abgedreht – wenn es nach dem Willen der Potsdamer Landesregierung geht. Die hat den Verkehr schon jetzt kräftig zusammengestrichen. Bis 8. Dezember 2012 fuhren unter der Woche noch neun Züge nach Pritzwalk und genauso viele in die Gegenrichtung über Kyritz nach Neustadt (Dosse). Davon sind nur noch zwei übrig: 6.01 Uhr nach Neustadt, 7.19 Uhr nach Pritzwalk, 15.42 nach Neustadt und 16.57 nach Pritzwalk.

Ende 2014 soll die Regionalbahnlinie 73 nach der Vorstellung des Landes ganz aufgegeben werden. Dagegen setzen sich viele Bürger zur Wehr. Sie haben Unterschriften gesammelt, mit Kerzen schweigend vor dem Bahnhof protestiert. Schon von Weitem sind am Bahnübergang ihre Schilder zu sehen: „Blumenthaler fahren umweltfreundlich zur Arbeit“, steht da. Wenn die Regierung sie halt nur lassen würde.

Früher fuhr der Schwiegersohn von Ortsvorsteherin Bettina Teiche mit dem Zug nach Berlin zur Arbeit. Weil die Verbindung nicht mehr funktioniert, muss er jetzt mit dem Auto erst einmal nach Neustadt (Dosse). Manche Eltern haben ihre Kinder extra auf dem Kyritzer Gymnasium angemeldet, weil die Zugverbindung so prima war. Seit Dezember kann man das vergessen. „Für die Kinder ist das richtig krass“, klagt die Ortsvorsteherin. „Es interessiert niemanden, wie sie zur Schule kommen.“ Manche Eltern bilden Fahrgemeinschaften oder behelfen sich sonst irgendwie. Ein junges Mädchen habe frustriert gesagt: „Ich will nur noch weg von hier“,so Teiche.

Franz Conraths von der Bürgerinitiative hält die paar verbliebenen Züge ohnehin für eine „Alibiveranstaltung“. Die Landesregierung habe sich nur nicht getraut, die Strecke vor 2014 ganz stillzulegen, weil das im Koalitionsvertrag ausgeschlossen sei. Auch Conraths kämpft für den Erhalt der Bahnlinie. Die Bürgermeister müssten sich lauter zu Wort melden, sagt er. Und die Kreise Prignitz und Ostprignitz-Ruppin sollten sich zu einem Zweckverband zusammenschließen und den Nahverkehr gemeinsam betreiben.

In Blumenthal bimmelt derweil das Warnsignal am Bahnübergang, die Schranken klappen herunter, der weiße Doppelstocktriebwagen der Baureihe 670 kommt fast lautlos angerollt. Ein paar Leute steigen ein und aus, der Fahrdienstleiter grüßt lächelnd zum Lokführer hinüber, der guckt noch einmal auf den Bahnsteig hinaus, dann fährt der Zug ab in Richtung Kyritz. Wie auf einem richtigen Bahnhof eben.

Von Klaus Stark

In der vorerst letzten Folge der MAZ-Bahnhofsserie in einer Woche wird Potsdam Hbf unter die Lupe genommen.

 

 

                      

 

  

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