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                            Konferenz  Stuttgart  25.4.-27.04.2014

                                              KOPFmachenKONFERENZ

                                               20 Jahre Bahnreform - 20 Jahre Stuttgart 21

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                                              Beitrag aus dem Land  Brandenburg: Leitung des Workshops 12

                                           

                                                             Die flächendeckende Zerstörung der Bahnhofs-Infrastruktur am Beispiel des Landes Brandenburgs

                                                             Klaus-Dieter  Zentgraf und Hans Marx

                                                             www.bb21.eu         

                                                     

                                                             Der Kampf gegen die Zerstörung des Haupt- und Inselbahnhofs Lindau

                                                             Karl Schweitzer

                                                             www.bahnhof-lindau.de

 

                                                             Ausstellung:  Land Brandenburg - Friedhof der 1000 Bahnhöfe

 

                                              Ablauf der  Konferenz:   25.04.21014-27.04.2014

 

                                          

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"Kopf machen" in der Bahnpolitik
20 Jahre Bahnreform - 20 Jahre Stuttgart 21

bahnpolitische Bilanzkonferenz

 von Freitag, dem 25. April

bis Sonntag, dem 27. April 2014

im Stuttgarter Rathaus

 

Das Programm folgt in Kürze.

 

Hohe Erwartungen

2014 blicken wir zurück auf 20 Jahre einer Bahnreform, die mit hohen Erwartungen und in weitgehendem Konsens des Bundestags und der Länder aufgegleist worden war. Mehr Verkehr auf die Schiene war das Motto. Ohne die Alt-Schuldenlast sollten die zur neuen DB AG vereinigten Bundesbahn und Reichsbahn wesentlich wirtschaftlicher und erfolgreicher werden, als tragende Säule einer Renaissance des Schienenverkehrs in Deutschland.

Und im April 2014 jährt sich auch zum 20. Mal die erste öffentliche Ankündigung des Projekts Stuttgart 21, das wie kein anderes deutsche Bahnprojekt massive Kontroversen über die künftige Bahnpolitik ausgelöst hat.

Bahnchefs im „Rückwärtsgang“

An der Aufgabe einer Renaissance der Schiene sind die Bahnchefs Dürr, Ludewig, Mehdorn und Grube weitgehend gescheitert. Halbwegs erfolgreich war allenfalls die Wiederbelebung des bei der alten Bundesbahn wenig geliebten Nahverkehrs durch die Regionalisierung, das Engagement der Länder und einigermaßen innovative Konzepte für regionale Netze. Trotzdem gingen die Stilllegungen und Bahnhofsschließungen bis heute weiter, konnten das Wachstum des Autoverkehrs und die Zunahme der Staus nicht verhindert werden. Die Bahn in der Fläche blieb weiter vernachlässigt. Mit dem erfolgreichen Interregio wurde eine ganze Zuggattung, die speziell die Fläche für den Fernverkehr hätte erschließen sollen, komplett abgeschafft. Viele Regionen und Oberzentren in Deutschland sind daher heute ohne Fernverkehrsanschluss. Tausende Bahnhöfe wurden verkauft, viele gammeln ohne nötige Investitionen vor sich hin. Trotz der rasanten Siedlungsentwicklung und der Notwendigkeit für mehr Kundennähe wurden nur wenige neue Bahnhöfe und Haltepunkte realisiert, primär im Zusammenhang mit S-Bahnprojekten. Immerhin wurden aber – meist mit finanzieller Unterstützung der Länder – auch in speziellen Programmen diverse Bahnhöfe modernisiert, vor allem in den bedeutenden Großstädten.

Güterbahn auf Schrumpfkurs

Die Güterbahn vollzog einen drastischen Rückzug aus der Fläche, der Stückgutverkehr wurde nahezu widerstandslos der Straße überlassen, 2/3 aller Güterannahmepunkte und ein großer Teil der Industrie- und Werksanschlüsse wurden abgehängt.

Monopolisierung der Netzinvestitionen auf wenige Großprojekte

Die Investitionen in das Netz konzentrierten sich auf umstrittene Neu-und Ausbaustrecken des Hochgeschwindigkeitsnetzes, die einen Großteil der Investitionen monopolisiert haben. Eine breit angelegte Netzoffensive mit flächenwirksamen Modernisierungsinvestitionen in das Bahnnetz und Bahnlogistik unterblieb.

Kapazitätsabbau mit System

Im Gegenteil, durch Abbau vieler Weichen und Überholgleise und eine starke Zentralisierung der Stellwerke wurde der Betrieb extrem störanfällig. Verspätungen wurden zum Dauerproblem.

Beschäftigte bei Bahnindustrie und im Schienenbereich ohne Perspektiven

Die Bahnreform war mit einem einmaligen Abbau von Arbeitsplätzen im Schienenbereich und in der Bahnindustrie verbunden. Der Qualitätsverlust im Service des Schienenverkehrs und die Auslieferung oft unzureichend entwickelter Schienenfahrzeuge haben auch mit diesem deutlich überzogenen konzeptionslosen Arbeitsplatzabbau zu tun.

Die Bahnindustrie konnte sich nicht mehr auf stetige Auftragsvolumina einstellen, viele Hersteller mussten Kapazitäten abbauen. Die Auslieferung bestellter Fahrzeuge verzögerte sich extrem. Pleiten, Pech und Pannen wurden zum Regelfall.

Erfolge nur im Nahverkehr

Trotzdem haben es immerhin diverse regionale Aufgabenträger geschafft,  neuen Schwung in den Nahverkehr zu bringen und im Verbund mit den vielen  kleinen und mittleren Bahnunternehmen und einer zunehmend kooperierenden DB-Regio beachtliche Mehrleistungen zu erzielen. Aber diese Teilerfolge im Nahverkehr mit diversen Streckenreaktivierungen, innovativen Regionalbahnkonzepten, dem Ausbau einiger S-Bahnsysteme und teilweise beachtlichen Fahrgastzuwächsen gingen im breiten Bewusstsein der Bevölkerung und in der Wahrnehmung durch die Medien unter. „Bahnbashing“ wurde zum Volkssport.

21er Projekte als „Menetekel“

Die noch von Ex-Bahnchef Dürr weitgehend spekulativ angelegten 21er Bahnhofsprojekte erwiesen sich als wenig konsensfähig. München 21 und Frankfurt 21 wurden Dank problembewusster Stadtspitzen bald abgeblasen und machten Platz für kleinteilige Modernisierungsinvestitionen. Lediglich mit Stuttgart 21 wurde – wenn auch mit vielen Verzögerungen und dramatischen politischen Verwerfungen – mit der Realisierung begonnen. Dieses Projekt ist – zusammen mit der Hochgeschwindigkeitsstrecke über die Schwäbische Alb – symptomatisch für eine massive Fehlsteuerung der Bahnpolitik. Ein gut funktions- und hochleistungsfähiger Kopfbahnhof soll unter die Erde, mit verringerter Kapazität, extremen Kosten, hohen Bau- und Kostenrisiken und einem äußerst fragwürdigen Betriebskonzept. Von den negativen Wirkungen auf die Stadtentwicklung und die Verbindung Stadt/Bahnhof, Stichwort Bürgerbahnhof, erst gar nicht zu reden.

Systemansatz notwendig

Statt dessen müsste endlich eine breit angelegte Systemoffensive gestartet werden, mit einen Gesamtkonzept für ein dichtes Netz, einem Integralen Deutschland-Takt, einer Tarifoffensive für massenhaften Absatz einer universellen BahnCard 100, Tausenden von kleinen und mittleren Bahnprojekten, massiven Neubeschaffungen moderner Fahrzeuge und einer am persönlichen Mobilitätsservice orientierten Personalpolitik. Solche Maßnahmen könnten das Bahnsystem ertüchtigen, wirklich große Teile des Straßen- und Binnenluftverkehrs (im Personen- wie im Güterverkehr) ersetzen und die klima-, energie- und verkehrspolitischen Ziele einer Verkehrswende einlösen.

Absage an Börsenkurs und Auslandgeschäfte

Viel bahnpolitisches Porzellan wurde mit dem strammen Börsenkurs des langjährigen Bahnchefs Mehdorn zerschlagen, der insbesondere das globale Geschäft stark forcierte und die verkehrspolitischen Hausaufgaben in Deutschland demgegenüber sträflich vernachlässigte. Der Börsencrash und der wachsende Widerstand gegen eine Bahnprivatisierung setzte dem Börsengangstreben von Mehdorn damals ein klares Ende. Trotzdem steht im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung eine Formulierung, die eine Privatisierung der DB Mobiliy Logistics AG mit Nah und Fernverkehr, Schienengüterverkehr und Logistik offen hält. Und ohnehin operiert die Bahn weiter mit fragwürdiger Finanzakrobatik verstärkt in Auslandsgeschäften und bedient vielfach mehr die Interessen von Bauwirtschaft und Investmentbanken. Das Kerngeschäft in Deutschland verliert gegenüber den globalen Engagements im „Verschiebebahnhof“ von Fahrgeldeinnahmen und öffentlich bereitgestellten Mitteln immer mehr an Bedeutung. Die Bahn erstickt mit prohibitive Trassen- und Stationsgebühren und überhöhten Fahrpreisen den notwendigen Mehrverkehr auf der Schiene.

Bahnpolitik muss Top-Thema werden

Besonders ärgerlich ist, dass Bahnpolitik weiter kein prioritäres Thema ist. Verkehrsminister und Bahnchefs sowie deren Topmanagement sind schon seit langem keine Bahnfachleute. Bahnpolitische Kompetenz im Bundestag ist eine Seltenheit. Bahnpolitik war bei der Bundestagswahl 2013 dementsprechend kein Wahlkampfthema. Auch die Länder und Verkehrsverbände schaffen es nicht, den Bund zu einer bahnpolitischen Offensive zu motivieren. Es ist also höchste Zeit, sich „einen Kopf zu machen“, wohin die bahnpolitische Reise weiter gehen soll.

Dazu organisieren das Bündnis Bahn für Alle, die Bahnfachleutegruppe Bürgerbahn statt Börsenbahn (BsB), das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 und die Fraktionsgemeinschaft SÖS/DIE LINKE im Stuttgarter Rathaus vom Freitag, dem 25. April, bis Sonntag, dem 27. April 2014, eine dreitägige bahnpolitische Bilanzkonferenz mit prominenten Referentinnen und Referenten  aus Politik, Wissenschaft, Verbänden, Wirtschaft und Medien, zu der wir überregional und international die interessierte Fachwelt und lokal und regional die breite Öffentlichkeit einladen. 

                                      

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